Verdünnt Gras das Blut?
Was die Forschung sagt
Die Vorstellung, dass Cannabis das Blut verdünnen könnte, hat bei Konsumenten Neugier geweckt, insbesondere bei Patienten mit Erkrankungen, die gerinnungshemmende Medikamente benötigen. Obwohl Cannabis selbst nicht offiziell als Blutverdünner gilt, zeigen Studien, dass es die Blutgerinnung indirekt beeinflussen kann – vor allem durch seine Wirkung auf Enzyme, die bestimmte Medikamente verstoffwechseln. Hier erfahren Sie, was aktuelle Studien über den Zusammenhang zwischen Cannabiskonsum und Blutverdünnung zeigen.
Wie Cannabis mit Blutverdünnern interagiert
Ein wichtiger Problembereich betrifft die Wechselwirkung von Cannabis mit Medikamenten wie Warfarin, einem häufigen Blutverdünner. Die Wirksamkeit von Warfarin hängt davon ab, wie es in der Leber verstoffwechselt wird, und Cannabis kann diesen Prozess stören. Damkier et al. (2019) fanden heraus, dass Cannabisverbindungen wie THC (Tetrahydrocannabinol) und CBD (Cannabidiol) Leberenzyme hemmen können, insbesondere solche der Cytochrom-P450-Familie, die für den Abbau von Warfarin entscheidend sind.
Werden diese Enzyme gehemmt, verbleibt Warfarin länger im Blutkreislauf, was seine blutverdünnende Wirkung verstärken und das Blutungsrisiko erhöhen kann. Die Studie dokumentierte Fälle erhöhter INR-Werte (International Normalized Ratio) – ein Indikator für die Dauer der Blutgerinnung – bei Cannabiskonsumenten, die Warfarin einnahmen. Diese Ergebnisse unterstreichen, wie wichtig es ist, den Blutverdünnerspiegel bei der Einführung von Cannabis genau zu überwachen.
Cannabis und natürliche blutverdünnende Wirkungen
Einige Forschungsergebnisse deuten darauf hin, dass Cannabis die natürlichen Blutgerinnungsprozesse beeinflussen könnte, die Ergebnisse sind jedoch noch vorläufig. Eine 2022 veröffentlichte Studie untersuchte den Einfluss von THC, dem primären psychoaktiven Bestandteil von Cannabis, auf die Thrombozytenfunktion (Reitsma et al., 2022). Thrombozyten sind winzige Blutzellen, die bei der Blutgerinnung helfen, und ihre Aktivität ist entscheidend für die Blutstillung. Die Studie ergab, dass THC-Exposition die Thrombozytenaggregation zu reduzieren und so den Gerinnungsprozess möglicherweise zu verlangsamen scheint. Diese Forschung liefert zwar wertvolle Erkenntnisse, wurde jedoch an nichtmenschlichen Primaten durchgeführt, sodass die direkten Auswirkungen auf den Menschen noch nicht vollständig verstanden sind. Sie deutet jedoch darauf hin, dass Cannabis eine subtile Rolle bei der Veränderung der natürlichen Gerinnungsmechanismen des Körpers spielen könnte. Bei Personen mit Gerinnungsstörungen oder solchen, die gerinnungshemmende Medikamente einnehmen, könnten diese Effekte klinisch bedeutsam sein, was die Bedeutung weiterer Forschung am Menschen unterstreicht.
Das Gesamtbild: Cannabinoide und Blutungsrisiken
In einer weiteren Studie, die die möglichen Wechselwirkungen zwischen Cannabis und verschiedenen Antikoagulanzien und Thrombozytenaggregationshemmern untersuchte, wiesen die Forscher darauf hin, dass Cannabis mit mehreren blutverdünnenden Medikamenten interagieren kann, nicht nur mit Warfarin. Durch die Hemmung medikamentenmetabolisierender Enzyme kann Cannabis entweder die Wirkung dieser Medikamente verstärken und so das Blutungsrisiko erhöhen oder ihre Aktivierung beeinträchtigen und so ihre Wirksamkeit verringern (Greger et al., 2020).
Trotz dieser Ergebnisse gibt es nach wie vor nur wenige direkte Beweise dafür, dass Cannabis allein Blutverdünnung verursacht. Die meisten Bedenken gelten eher den Wechselwirkungen mit anderen Substanzen als den alleinigen Auswirkungen.
Sollten Sie besorgt sein?
Bei gesunden Personen, die keine blutverdünnenden Medikamente einnehmen, ist es unwahrscheinlich, dass gelegentlicher Cannabiskonsum die Blutgerinnung signifikant beeinflusst. Bei Personen, die Medikamente wie Warfarin, Heparin oder Aspirin einnehmen, kann Cannabiskonsum jedoch die Behandlung erschweren. Kleine Veränderungen im Arzneimittelstoffwechsel können zu ernsthaften Risiken wie übermäßigen Blutungen oder Blutgerinnseln führen.
Wenn Sie Cannabis während der Einnahme blutverdünnender Medikamente in Erwägung ziehen, konsultieren Sie zuerst Ihren Arzt. Regelmäßige Kontrollen von Blutwerten, wie z. B. dem INR-Wert, können zu einer sicheren und wirksamen Behandlung beitragen. Cannabis mag zwar nicht direkt klinisch bedeutsam „blutverdünnend“ wirken, doch seine Auswirkungen auf den Arzneimittelstoffwechsel und seine milden gerinnungshemmenden Eigenschaften deuten darauf hin, dass mehr dahintersteckt. Da die Forschung sich weiterentwickelt, sollten Personen, die blutverdünnende Medikamente einnehmen, vorsichtig und informiert bleiben.
